Balsamische Kraft schreibt man der Angelica archangelica zu, wie die Engelwurzel auch genannt wird. Die…
Heilpflanze des Jahres 2015
Monatlich schreibe ich hier über besonders interessante Naturheilpflanzen für Frauen. Beginnen möchte ich mit dem echten Johanniskraut (Hypericum perforatum), welches zu Recht als Heilpflanze des Jahres 2015 gekürt wurde. Johanniskraut hat seinen Namen vom „Johannis-Tag“ – dem 24. Juni (dem Geburtstag von Johannis dem Täufer), da um diesen Tag herum die Blüte des Krauts beginnt.
Eine wunderbare Pflanze, die nicht nur in der Frauenheilkunde einen sehr großen Stellenwert einnimmt. Sie ist vielseitig einsetzbare, aber auch etwas „schwierig“ in Einnahme und Dosierung. Typisch „weibliche“ Eigenschaften 🙂 Ich nenne sie gerne „Balsam für die geplagte Seele“
Johanniskraut gilt als die am besten untersuchte Arzneipflanze, dennoch konnten die Wirkungsmechanismen bislang nicht vollständig geklärt werden. Die wichtigsten Wirkstoffe sind die rot färbenden Hypericine mit antiviralem Potential, die für die stimmungsaufhellende Wirkung ebenso zur Diskussionen stehen wie das antibakterielle Hyperforin (ein Phloroglucinderivat), Xanthone und entzündungshemmende Flavonoide. Ebenso sind adstringierende Gerbstoffe vom Catechintyp und ätherisches Öl enthalten. Soweit für die Chemie-Freaks unter uns 🙂
Wirkweise: Spezielle Botenstoffe im Nervensystem (Neurotransmitter) bleiben länger und in höherer Zahl verfügbar. Neurotransmitter übertragen an den Verknüpfungsstellen der Nervenzellen (Synapsen) Informationen bzw. Reize. Dazu zählen Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, GABA (Gamma-Aminobuttersäure) und L-Glutamat. Die Neurotransmitterzahl in den Synapsen steigt an, und die Reizübertragung wird verbessert. Was bedeutet das? Die höhere Menge an verfügbaren Neurotransmittern ist das entscheidendes Prinzip bei klassischen Antidepressiva, woraus eine stimmungsaufhellende Wirkung resultiert. Außerdem steigern Inhaltstoffe des Johanniskrautes die nächtliche Ausschüttung von Melatonin, ein aus Serotonin gebildetes Hormon mit schlafanstoßender Wirkung, das an einem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. Hypericin verbessert zudem die Ausnutzung des Lichtes, also die Lichtempfindlichkeit (Photosensibilität), was zur stimmungsaufhellenden Wirkung beitragen kann.
Anwendungsgebiete: leichte bis mittelschwere Depressionen, psychovegetativen Störungen, Angstzuständen und nervöser Unruhe, Schlafstörungen und dem so genannten Winterblues (hierüber schreibe ich in meine nächsten Beitrag). Seine krampflösende und blutdrucksenkende Wirkung bei innerlicher Anwendung ist ebenfalls schon lange bekannt. Äußerlich eingenommen wirkt das Öl der Pflanze bei der Behandlung und Nachbehandlung von Schnitt- und Schürfwunden sowie bei stumpfen Verletzungen wie Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen, daneben auch Verbrennungen 1. Grades, Sonnenbrand und Muskelschmerzen (Myalgien). Bei Nervenschmerzen (Neuralgien), Hexenschuss, Ischias, Gürtelrose und rheumatischen Beschwerden setze ich das „Rotöl“ mit Erfolg ein, leicht einmassiert, eine Wohltat.
Sicher werden wir auch in Zukunft noch viel von Johanniskraut hören, denn Forschungen testen gerade spezielle Extrakte bei Alzheimer und in der Krebstherapie.
Aber warum ist Johanniskraut ein bisschen „schwierig“? Neben-/Wechselwirkungen: Ende der 1990er Jahre wurde festgestellt, dass Johanniskraut zu einem verstärkten Abbau anderer Arzneistoffe führt, es kann Wirkstoffe verstärken oder verringern. Deshalb wurde hochdosiertes Johanniskraut 2003 unter die Apothekenpflicht genommen. Nur niedrig dosierte Mittel, sowie der Tee und das Rotöl blieben davon ausgenommen. Hochdosierte Johanniskrautpräparate mit einer Tagesdosis ab 600 mg weisen Wechselwirkungen mit einigen Arzneistoffen im Bereich der Antidepressiva, der Immunsupressiva oder Anti-HIV-Mitteln auf, ebenso sind Herzmittel wie Digoxin, Blutgerinnungshemmer vom Cumarintyp und vermutlich auch das bronchienerweiternde Mittel Theophyllin betroffen. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass die Wirksamkeit von hormonellen Verhütungsmitteln beeinträchtigt wird.Ebenso kann Johanniskraut bei vielen Menschen eine Überempfindlichkeit gegen Licht hervorrufen. Was die ganze Sache in der dunklen Jahreszeit ja abschwächt.
Bei der alleinigen Einnahme auch hochdosierter Johanniskrautmittel ist die Verträglichkeit gut und ganz erheblich besser als bei anderen Antidepressiva. Eine ausgeprägte Phototoxizität wurde bisher nur bei Weidetieren beschrieben, mit den für Menschen eingesetzten therapeutischen Dosen sind ernste Symptome der Phototoxizität nicht zu erwarten.
Mein Tipp: Eine Teemischung (1 EL getrocknetes Kraut mit einem Viertelliter kochendem Wasser überbrühen. Fünf Minuten zugedeckt ziehen lassen. Morgens und abends je eine Tasse frisch bereiteten heißen Tee trinken. Der Tee muss kurmäßig mindestens zwei Monate lang genommen werden, da die Wirkung auf die Psyche erst nach zwei bis drei Wochen einsetzt. Für Kinder weinger verwenden, hilft aber auch hier bei Schulangst, Schlafstörungen etc.). Gerne mische ich auch Baldrian, Hopfen und Johanniskraut für die Frau in den Wechseljahren.
Bei allen weiteren Fragen zu Präparaten, Anwendungsgebieten und Nebenwirkungen lassen Sie sich von Ihrer Heilpraktikerin für Frauen, einem Arzt oder Apothekter beraten.
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